breathe in / breathe out

Edgar Leciejewski

Edgar Leciejewski - breathe in / breathe out

Ausstellungsdauer
14. Oktober – 12. November 2021

Vernissage
14. Oktober 2021, 17 – 21 UHR

Öffnungszeiten

Mittwoch & Freitag » 14 — 17 Uhr
Samstag 23.10. & 06.11. » 14 — 17 Uhr
Sowie mit Terminvereinbarung via Kontaktformular, per Email oder telefonisch.

Text zur Ausstellung

von Kito Nedo

Es klang wie eine Drohung, als Donald Trump nach einer Covid-19-Erkrankung im Oktober 2020 mit einer Massenveranstaltung seinen infektionsbedingt unterbrochenen Wahlkampf in Florida fortsetzte: »Ich werde jeden in diesem Publikum küssen. Ich werde die Kerle und die schönen Frauen küssen. Ich werde euch einfach allen einen dicken, fetten Kuss geben.«1 Der Skandal war kalkuliert, denn in Zeiten der Pandemie birgt ein Kuss mit Fremden (wie auch mit Freunden) durchaus ein hohes, womöglich sogar tödliches Übertragungsrisiko. Küsse – insbesondere die politischen –, daran erinnert diese Episode auch, waren vor der Pandemie eine alltägliche, aber wohl nie eine harmlose Sache. Genauso wenig übrigens wie das Händeschütteln, das der 45. US-Präsident während seiner Amtszeit in eine Art stummen Zweikampf auf der Weltbühne zu verwandeln wusste. All diese Gesten sind im Zuge neuer Hygieneregeln temporär größtenteils verschwunden und wurden durch distanzierte Formen der Begrüßung ersetzt.

Die gegenwärtige Situation wirft noch einmal ein besonderes Licht auf die neue Werkserie breathe in / breathe out von Edgar Leciejewski, die dem Sonderfall der Begrüßung gewidmet ist, die sich mit dem kühlem Begriff »Politiker:innenkuß« umschreiben lässt. Leciejewski stellt zweiundsiebzig Fotografien von Politiker:innen zu einer Bildfolge zusammen, die sich als Leporello inhaltlich-formal passend zu einer weltpolitischen Parade aufklappen lässt. Weil Leciejewski seine Bildauswahl auf den Zeitraum der vergangenen zwanzig Jahre beschränkte, lässt sich an der Serie mit den teilweise bizarren Fotografien unter anderem ablesen, dass der berühmte »sozialistische Bruderkuss« unter Ostblock-Machthabern keineswegs einen historischen Sonderfall darstellt. Auch demokratisch gewählte Politiker:innen setzen auf die Symbolkraft des öffentlichen Küssens.

»Wer küsst,« darauf wies vor einigen Jahren die Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Höflichkeitsforscherin Claudia Schmölders hin, »erinnert mit dieser Gebärde vielmehr an einen ganzen Hof von Bedeutungen, denn sie stiftet neben der physischen auch eine semantische Synapse. Man denke nur an die Friedensküsse unter Königen, an kniefällige Handküsse von Päpsten, an Verzweiflungs- und Leidenschaftsküsse auf Kreuze, Bilder und Reliquien aller Art. Ein rituelles Ensemble aus unserer Kulturgeschichte, das sich sogar auf intime Beziehungen, familiäre und bürgerliche Szenen übertragen läßt: auf den Elternkuß, den Versöhnungskuß, den besiegelnden Kuß vor dem Standesamt und so fort.«2 Mit breathe in / breathe out macht Leciejewski mit Hilfe der Fotografie klar, dass wir den Akt des Küssens nur zur Hälfte begreifen, wenn wir dabei ausschließlich an die Liebe und Zuneigung denken.

1 »›I’ll kiss everyone in that audience,‹ he said. ›I’ll kiss the guys and the beautiful women. Just give you a big fat kiss.‹« Zitiert nach: Maggie Haberman und Annie Karni, »›At a campaign rally, Trump offers to give ›a big fat kiss‹ to attendees«, New York Times, 12.10.2020, https://www.nytimes.com/2020/10/12/world/at-a-campaign-rally-trump-offers-to-give-a-big-fat-kiss-to-attendees.html?fbclid=IwAR37XK49W31-5h_gs8PpHFdIhznVlRJZsi7vBkknU5N_1KLfjldToH6aMUg

2 Claudia Schmölders, Claudia: »Auf weichen Küsse(n) gebettet«,. iIn: Alain Montandon,: Der Kuß. Eine kleine Kulturgeschichte,. Berlin: Wagenbach Taschenbuch 549, Berlin: 2006, S. 7–12, hier: S. 8.

Edgar Leciejewski (*1977 in Berlin)
lebt und arbeitet in Leipzig und Baden, Schweiz.

Die Ausstellung wird gefördert durch das Sonderförderprogramm 20/21 – NEUSTART KULTUR

Stiftung Kunstfonds

Ausgewählte

Arbeiten

Edgar Leciejewski — BREATHE IN / BREATHE OUT
Leporello 288 Seiten, Innenteil ohne Schuber 23 x 16 cm, aufgeklappt 33,12 m, Konzept: Edgar Leciejewski, Grafik: Kay Bachmann, Druckerei Friedrich Pöge E.K., Buchbinderei Mönch OHG, Leipzig, 2021

Vita

Edgar Leciejewski

Edgar Leciejewski

Edgar Leciejewski im Atelier © Edgar Leciejewski

Edgar Leciejewski (*1977 in Berlin) lebt und arbeitet in Leipzig und Baden, Schweiz.

Er studierte in den Klassen von Peter Piller, Christopher Muller und Timm Rautert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.

Leciejewskis künstlerische Arbeit untersucht die verschiedenen sozialen und wissenschaftlichen Gebrauchsweisen von Fotografie. Sie ist ein experimentellanalytischer Versuch, dem Medium der Fotografie die zeitgenössisch relevanten Fragestellungen zu entlocken. Neben inhaltlichen Themen und der Reflexion der eigenen Arbeitsweisen sowie Arbeitsmittel interessiert es ihn, die Dimension von Zeit in die fotografische Arbeit einfließen zu lassen. Seine Arbeiten sind Speicher oder Vorratskammern von Zeit, die es ermöglichen, den Akt des Sehens und Erfahrens zu verlangsamen.

AUSSTELLUNGEN

Leciejewskis Arbeiten wurden in verschiedenen institutionellen Einzelausstellungen gezeigt, wie z. B. In der G2 Kunsthalle (2018), Museum der bildenden Künste (2018), Kunsthalle Memmingen (2018); Künstlerhaus Bethanien Berlin (2017); Forum für Fotografie Köln (2017); Fogo Island Art Gallery, Kanada (2015); NSCAD University Halifax, Kanada (2013); Stadtmuseum München (2011); Columbus Art Foundation, Leipzig
(2009).

Er nahm an diversen internationalen Gruppenausstellungen teil, wie in der Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main (2018 & 2012); Scarp Metal, Toronto, Kanada (2017); Brandts Museum, Dänemark (2016); Stadtmuseum München (2016); Kunsthalle Leipzig (2015, 2014 & 2008); G2 Kunsthalle Leipzig (2015); Museum für Angewandte Kunst, Frankfurt am Main (2015); Kunsthalle Wien (2014 & 2011); f/stop Festival, Leipzig (2016 & 2014); National Museum Krakau, Polen (2013); Staatliche Kunstsammlungen Dresden (2013); Zabludowicz Collection London (2013, 2010 & 2009); NRW Forum, Düsseldorf (2012); Witte de With, Rotterdam (2011); Museum der bildenden Künste Leipzig (2011 & 2009); ISCP New York (2010); Stadtgalerie Kiel (2008); Royal Accademy London (2007); Berlinische Galerie, Berlin (2002).

AUSZEICHNUNGEN / RESIDENZEN

Leciejewski erhielt verschiedene Auszeichnungen und Residenzaufenthalte u.a. NoYo artist residence in Toronto, Canada (2015); Fogo Island Arts Residency; Canada (2014); Artist in residence, NSCAD University, Halifax (2013); International Studio and Curatorial Program, New York (2010); British Institution Award, Royal Academy London (2007); Marianne Brandt Award, Chemnitz Germany (2004).

SAMMLUNGEN

Seine Arbeiten befinden sich in der Sammlung vom Museum der bildenden Künste Leipzig; Zabludowicz Collection, London; Sammlung Ann und Jürgen Wilde, Köln; Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg & Sammlung F.C. Gundlach Hamburg; UBS Art Collection, Zürich; BESart, Coleccao Bancon Espirito Santo, Lisboa; Staatliche Kunstsammlung Dresden; Sammlung Leipziger Schule, Sparkasse Leipzig; Sammlung Hildebrandt G2 Kunsthalle Leipzig; Sammlung Münchener Stadtmuseum; Stiftung für zeitgenössische Fotografie, Köln und andere private Sammlungen in Europa, USA und Kanada.

BÜCHER (Auswahl)

Edgar Leciejewski, Tones, Sternberg Press, Berlin, 2017, ISBN 978-395679206-9
Edgar Leciejewski, A Scene in a Library, The Green Box, Berlin, 2016, ISBN 978-941644-89-2
Edgar Leciejewski, *21, The Green Box Verlag Berlin, 2012, ISBN 978-3-941644-45-8
Edgar Leciejewski, Himmel ohne Wolken, The Green Box, Berlin 2011, ISBN 978-3-941644-26-7
Edgar Leciejewski, NYC, ghosts and flowers, how to build a sun, Lubok Verlag, Leipzig 2011, ISBN 978-3-941601-51-2

Analog | 18:00 — 22:00 Uhr
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Digital | 20:00 — 22:00 Uhr
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mit folgendem Programm

Führung & Gespräch mit Katharina Arndt
Minikonzert mit Niko Atkov — @nikoatkov

Öffnungszeiten

Das sind unsere Öffnungszeiten im März, die Sie per Terminbuchung wahrnehmen können. Nutzen Sie dafür unser Buchungstool.

19.03.2021 | 12-15 UHR
21.03.2021 | 15-18 UHR
24.03.2021 | 12-15 UHR
26.03.2021 | 12-15 UHR
31.03.2021 | 12-15 UHR

Vernissage Digital

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