HIDDEN STARS

Freddy Langer

Das Motiv des Plakats zeigt den amerikanischen Pop Art Künstler Andy Warhol

Vernissage
29. Februar 2020, 19 UHR

Ausstellungsdauer
29. Februar – 15. März 2020

Öffnungszeiten

Di & Do von 9 bis 18 Uhr
Mi & Fr von 9 bis 16 Uhr
Sa & So von 13 bis 17 Uhr
und nach Vereinbarung

Text zur Ausstellung

von Leon Doorlag

1981 versuchte ein junger Freddy Langer in Düsseldorf die Pop-Art-Ikone Andy Warhol für seine Schlafbrillen-Serie abzulichten. Anstatt Warhol erschien Joseph Beuys und so entstanden zwei Polaroid-Aufnahmen vom Mann mit Hut — und Schlafbrille. Zwei Jahre später stand Langer vor der Tür von Warhols „Factory“ in New York. Die Adresse stand im Telefonbuch und Langer hatte die Beuys-Polaroids dabei. Er hatte aber klugerweise die Aufnahmen von damals nochmal mit der Sofortbildkamera abfotografiert. Warhol war begeistert von der doppelten Beuys-Kopie und willigte ein mitzuwirken. Das ist nun fast 40 Jahre her und Freddy Langer hat damit nicht aufgehört. Mittlerweile zählt die Serie über 500 Porträts berühmter Persönlichkeiten.

Das Fang Studio legt bei dieser Ausstellung den Fokus auf eine kuratorische Auswahl aus Freddy Langers umfassenden Werk. Im Laufe der Zeit wurde auch bei Freddy Langer auf digitale Fotografie umgestellt. Im Fang Studio wird aber konsequent das ursprünglich quadratische Format der Arbeiten aufgegriffen, um an das Polaroid und die Anfänge von Freddys Arbeit zu erinnern. In der gezielten Gruppierung von Porträts aus den Schwerpunkten Film, Foto, Kunst, Literatur und Musik sollen Verbindungen, Bedeutungen und Abwegigkeiten zwischen unseren persönlichen Helden sichtbar werden. Welche Geschichten haben sie uns zu erzählen? Wie packt uns ein kontemplativer Dennis Hopper im Gegensatz zu einem sich verheddernden Wolfgang Tillmanns oder einem düster brütenden Michel Houellebecq? Was will Rebecca Horn vor uns verbergen, was treibt Margaret Atwood da und was passiert eigentlich, wenn die singende Herrentorte Helge Schneider mitmischt?

Es ist ein Prominenten-„Wer bin ich?“ für den Medienjunkie in uns. Zettel vorm Kopf gibt es hier nicht, dafür aber die Schlafbrille — immer wieder die Schlafbrille, der blauschwarze Fleck, dieser anschmiegsame Zensur-Balken aus irgendeinem Airport oder Hotel und ausgerechnet über den Augen, dem Hotspot der menschlichen Gesichtserkennungsmatrix. Sind nicht gerade die Augen die Zentralgestirne der Ikonenverehrung?

Die Maske ist die einzige Bedingung, mit der Freddy Langer seine prominenten Probanden konfrontiert. Inszenierung findet sonst nur als Selbstinszenierung statt. Menschen, die sonst im Blitzlichtgewitter stehen, können sich im geschützten Raum der Maske ausprobieren, den „Flirt mit der Kamera“ suchen oder in körperliche Stasis abtauchen. Es gibt die, die ganz natürlich wirken, als wäre der Fremdkörper ein selbstverständlicher Teil ihres Selbstbildes. Manche Porträtierte treiben mit dem Ding in ihrem Gesicht Schabernack: Mal sitzt die Maske nur halb, mal auf dem Hinterkopf oder irgendwo verkrumpelt im Konflikt mit den eigenen Markenzeichen und Extravaganzen. Ai Weiwei wollte nur einen Fisch vor seinen Augen zulassen, vor der Schlafbrille habe er Angst. Der Fotograf konnte aber in der Schnelle nur zwei Thunfischdosen auftreiben. Dem Aktionskünstler gefiel das und er ließ sich mit den Dosen ablichten.

Freddys Bilder haben immer auch ein sehr starkes anekdotisches Erzählmoment und zeugen serienweise von komischen Situationen und unwahrscheinlichen Begegnungen. Für die erfolgreiche Annäherung an Filmdiven und schräge Künstlertypen braucht ein Sternengucker und Red-Carpet-Enthusiast aber einiges an Geschick, Frechheit und Glück. Es handelt sich bei den Schlafbrillenporträts aber nicht um ein Paparazzi-Manifest oder um ein augenzwinkerndes Boulevard-Memory zur Vertreibung bildungsbürgerlicher Ennui. Es lässt sich eine gezielte Absage an Bildkanon und Bildmacht erkennen, ein kritischer Blick aufs eigene Medium, ein Kommentar zu Skandal- und Sensationsjournalismus sowie der Versuch, den „Personen von öffentlichem Interesse“ Handhabe über ihre Persönlichkeits- und Bildrechte zurückzugeben und ihnen so etwas wie eine traumwandlerische Freiheit hinter der Schlaf-Maske zu ermöglichen.

Freddy Langer, geboren 1957 in Frankfurt a. M., ist seit 2002 Leiter des Reiseblatts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, schreibt Reisereportagen und Bücher übers Wandern und Berge. Von Anfang an spielte die Fotografie eine große Rolle. Seit fast 40 Jahren porträtiert er Künstler und Prominente mit der Schlafbrille. Er ist oft zu Fuß unterwegs in den Schneelandschaften dieser Welt, auf der Suche nach den letzten weißen Flecken auf der Landkarte.

Ausgewählte

Arbeiten

Vita

Freddy Langer

Freddy Langer – HIDDEN STARS – Portait Freddy Langer, © Frank Röth

© Frank Röth

Seit nahezu vierzig Jahren fotografiert Freddy Langer prominente Künstler – und bittet sie, dafür eine Schlafbrille aufzuziehen.

Das berühmte Gesicht wird auf diese Weise gleichsam versteckt. Dass man es dennoch erkennt: Darin liegt der Reiz der Reiz der Serie, die mittlerweile mehr als fünfhundert Personen umfasst – von Warhol, Beuys und Baselitz über Bono, Westernhagen und Debbie Harry bis Wenders, Hopper und Claudia Cardinale.

Die Bilder waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, u.a. im Picasso Museum in Münster, dem NRW Forum in Düsseldorf sowie dem Deutschen Filmmuseum in Frankfurt. Außerdem sind zwei Bücher erschienen.

Freddy Langer kam 1957 in Frankfurt zur Welt, wo er auch zur Schule ging, studierte und heute Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist. Schon die Unterbrechung des Schulbesuchs für ein Aufenthalt in England sowie später zwei Auslandssemester in den Vereinigten Staaten führten ihn allerdings für lange Zeit und weite Strecken aus der Stadt. Als leitender Redakteur der Reisebeilage der F.A.Z. nahm das Reisen dann kein Ende mehr. Die Schlafbrille hat er immer dabei. Man weiß ja nie, sagt er, wem man unterwegs begegnet.

Ausstellungen
(E – Einzelausstellung)

2019
ABSORBER, Fang Studio, Leipzig [E]
mehrzahl, Werkschau-Halle, Spinnerei Leipzig
ALLE HABEN ANGST. WIR AUCH. , Laden fuer Nichts, Leipzig

2018
REFLEKTOR, Wohneinheit IV, Lindenow, Leipzig [E]
ON SPACE, Edel Extra, Nürnberg

2017
TANDEM, ZIP, Basel (CH) [E]
ABATTRE LES MURS, Kunst Raum Riehen, Riehen (CH)
49 contemporary artists, EnterArtFoundation (EAF) @ Kantgaragen, Berlin
MOMENTUM, Galerie Kunstraum 21, Bonn
Gang 3, Kunsthaus L6, Freiburg
GOPEA 55 kunstwerken uit Duitsland, Villa de Bank, Enschede (NL)

2016
Diffusor, level one, Hamburg [E]
Kühli, Eschholzstr. 90, Freiburg
Start55, Galerie Hase 29, Osnabrück

2015
24, Pförtnerhaus, Freiburg
The Worlds They Wanted (Regionale 16), HeK, Basel (CH)
We are Nowhere But Here (Regionale 16), L6, Freiburg
Transporter, Pop-Up-Ausstellung im Transporter, Freiburg (DE)
Zwischenraum, WG-Ausstellung, Freiburg
art’s birthday, E-Werk, Freiburg

2014
Alles hat ein Ende, Ausstellungsraum Milz, Freiburg
Ein kleines Wirrwarr, Ausstellungsraum Milz, Freiburg
Mixer, Ausstellungsraum Stilz, Freiburg
Herd, Ausstellungsraum Stilz, Freiburg
Show, Showed, Shown, (Le Manoir de la Ville de Martigny (CH), Kollaboration mit Caroline von Gunten

2013
SAUF, Schaufenster, Seléstat (FR) / Kollaboration mit Julien Fettkötter [E]
Introducing:: 12, Kulturwerk T66, Freiburg [E]
Hotel Californa, Kunstverein Offenburg
Gelb spielt keine Rolle, Außenstelle HBK Saar, Handwerkergasse im Weltkulturerbe Völklinger Hütte in Völklingen

2011
KLASSE, Georg-Scholz-Haus, Kunstforum, Waldkirch

Arbeiten im öffentlichen Raum

2019
ARCO, Charco del Palo, Lanzarote (ESP)

2018
APOLLO, Reading the Cities, Wilhelm-Leuschner-Platz, Leipzig

2016
adio, temporäre Intervention im öffentlichen Raum in Athen (GR)

2015
Inv/Ed, Skulptur für den Wentzingerplatz, Ehrenkirchen

2012
Hypotenuse (cntr_3_3d_001), Wandarbeit im Treppenhaus des Gebäudekomplexes (Parkhaus, Sprachschule, Tanzschule), Erbprinzenstraße 1, Freiburg
Dreieck im Vier-Vierteltakt, Tiengen

Ausstellungs

Dokumentation

Fotos Fabian Heublein